Osoyoos ist ein etwa 5000 Einwohner zählender Ort im Süden des Okanagan Valley. Das fruchtbare Tal im Süden der Provinz British Columbia ist landesweit bekannt für seinen Obst- und Weinanbau. Osoyoos hat im Jahresschnitt die höchsten Temperaturen Kanadas. Mit ein Grund, warum sich viele Rentner hier zur Ruhe setzen. Zwischen Einheimischen, Zugezogenen und kanadischen Campern, die sich Stück für Stück in wärmere Gefilde vortasten und demnächst als sogenannte Snowbirds in den Süden der USA weiterziehen, haben wir an unserem ersten Oktoberfest teilgenommen.
Wir waren noch nie auf dem Oktoberfest in München, aber man muss ja nicht dort gewesen sein, um zu wissen wie es dort zugeht. Daher waren wir sehr gespannt, wie wohl ein Oktoberfest in Kanada gefeiert wird und wollten uns diese Chance auf keinen Fall entgehen lassen. Angekündigt war das Fest als Veranstaltung zu Gunsten eines sozialen Zwecks mit Live-Band und traditionellem deutschen Essen (traditional German food). Beginn war um 20 Uhr und um 22 Uhr sollte das Büfett eröffnet werden.
Zeitreise
In Begleitung unserer Campingplatz-Nachbarn aus Saskatoon sind wir gegen 21 Uhr in der örtlichen Festhalle angekommen. Am Eingang ein Tisch mit einer Dame dahinter, die den Eintritt kassierte und uns einen Stempel auf den Arm drückte. Ich war entzückt, so einen Stempel bekam man auch, in „meinem“ Dorf in Süddeutschland, wenn in der Turnhalle oder im Festzelt eine Tanz-Veranstaltung stattfand. Wir traten ein und setzten uns in der spärlich beleuchteten Halle an einen der runden Tische mit weißen Tischdecken, auf der Bühne spielte im Scheinwerferlicht die Band Sunny Boys. Auf der Tanzfläche vor der Bühne wurde getanzt. Ich kam mir vor, wie auf einer Zeitreise. Das, was hier stattfand, war genauso, wie ich es aus meiner Jugendzeit kannte. Nur nicht als Oktoberfest, sondern als Narrenspiegel oder Sportlerball. Das einzige was fehlte, war die Bar, die sich damals immer in einer Ecke der Turnhalle hinter Bambusmatten versteckte.
Masskrug und Dirndl tragende Bedienungen gab es in Osoyoos nicht. Aber wir entdeckten eine Dame, die ein Dirndl trug. Unsere Freundin aus Saskatoon, fand das Outfit lustig und meinte erst, das sei eine Bedienung, bis wir sie aufklärten, dass das ein originales Dirndl und die typische Oktoberfest-Ausstattung für Frauen ist. Die Getränke wurden an einer Theke ausgegeben, Alkoholfreies war im Eintrittspreis enthalten, Alkoholisches wurde extra berechnet, getrunken wurde aus Plastikbechern. Die drei Sunny Boys machten ihre Sache sehr gut und hielten die Anwesenden mit einer weiten Spannbreite an Musikrichtungen bei Laune. Von Pop und Countrymusik über Songs von Elvis Presley, den Beach Boys und den Dire Straits bis hin zu Hard Rock und Polka reichte ihr Repertoire.
Mini Würstchen und kaltes Sauerkraut
Dann um 22 Uhr wurde das Büfett eröffnet und unsere saskatooner Freunde wollten genau wissen, ob das Essen wirklich traditionell deutsch ist. Es gab Mini-Würstchen und Mini-Schnitzel in weichen Mini-Brötchen, wie wir sie von Hamburgern kennen. Die Schnitzel und Bratwürste darin schmeckten sogar ganz gut. Der Kartoffelsalat bestand aus dicken, ungeschälten Kartoffelscheiben mit ein bisschen Mayonnaisesoße, das war nichts. Das Sauerkraut war mal wieder kalt, aber das Rotkraut war warm und richtig lecker. Die Spätzle waren klein und eckig. Als Nachtisch gab es ein Gebäck, das an Schwarzwälder Kirschtorte erinnerte.
Fazit: Oktoberfest in Kanada – zumindest in Osoyoos – heißt Oktoberfest, weil es im Oktober stattfindet und nicht im September, wie das Original.